Thunersee Blog
New Work – Daniel Gobeli im Interview
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel, die klassische Karriere hat ausgedient. Heute sind neue Formen von Arbeit gefragt mit mehr Partizipationsmöglichkeiten, Flexibilität und flachen Hierarchien. «New Work» ist ein Megatrend, dem sich Unternehmen in Zukunft kaum entziehen können.
Daniel Gobeli, was verstehen Sie unter dem Begriff «New Work».
«New Work» ist kein neuer Begriff, sondern wurde bereits vor über 40 Jahren vom österreichisch-amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann als eine Art Gegenmodell zum klassischen Kapitalismus entwickelt. Daraus sind in den letzten Jahren zahlreiche Modelle und Ansätze entstanden wie Holocracy, Sociocracy, Agilität, Remote Work und viele mehr. New Work umfasst heute ein Sammelsurium an Begriffen und wird mitunter auch unterschiedlich definiert. Im Kern geht es jedoch immer darum, mit neuen Formen von Arbeit Talente anzuziehen, diese zu fördern und an das Unternehmen binden. Mit New Work bewegen wir uns weg von der klassischen Lohnarbeit, wo Tätigkeiten nach strikten Vorgaben des Vorgesetzten erfüllt werden. Es geht darum Hierarchien abzubauen, Denksilos aufzubrechen, den Arbeitnehmenden sehr viel mehr Entscheidungsmöglichkeiten und Flexibilität einzuräumen, eine Vertrauens- und Lernkultur aufzubauen.
Wieso hat das Konzept von New Work in den letzten Jahren so stark an Attraktivität gewonnen?
Die Digitalisierung, der globale Wettbewerb – und nicht zuletzt die Pandemie als Beschleuniger – haben unsere Arbeitswelt radikal verändert. Die Bedürfnisse von jüngeren Arbeitnehmenden an die Arbeitswelt sehen heute ganz anders aus als noch vor zwanzig, dreissig Jahren. Der klassische Karriereweg hat für viele ausgedient. Stattdessen rückt die Sinnfrage in den Vordergrund: Was, wie und wo ich arbeite, spielt heute eine weitaus grössere Rolle. Unternehmen brauchen deshalb neue Formen von Arbeit, um als Arbeitgeber attraktiv und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wie setzt man neue Arbeitsformen als Unternehmen erfolgreich um?
Der Übergang zu New Work ist eine grosse Herausforderung. Von einem Tag auf den anderen beispielsweise Holocracy nach Lehrbuch zu leben, ist kaum möglich. Wichtig ist deshalb, dass Modelle auf die eigenen Bedürfnisse adaptiert werden und im Alltag praktikabel sind. Ein weiterer wichtiger Faktor ist Zeit. Alle Veränderungen brauchen Zeit und Geduld. Wer New Work erfolgreich leben will, muss sich bewusst sein, dass man sich auf einen Weg begibt. Das erfordert eine Vision und ein klares Commitment von der Führung, ansonsten verkommt das Ganze zu einem rhetorischen Mobilmachungsversuch. Entscheidend ist bei New Work zudem das Mindset. Nicht nur Organisationen, sondern auch die Menschen müssen anders unterwegs sein.
Was bedeutet das konkret?
Unter Mindset versteht man die Haltung und Einstellung eines Menschen. New Work hat sehr viel mit einer neuen Haltung zu tun. Geht man Dinge mit einem «Fixed Mindset» an, betrachtet man sie als gegeben und nicht veränderlich. Bei New Work streben wir ein «Growth Mindset» an, wir betrachten Herausforderungen und Probleme also als Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln und daran zu wachsen. Haltungen zu ändern, ist jedoch etwas vom schwierigsten. Es braucht deshalb Botschafter:innen, die vorleben, dass Veränderung etwas lustvolles, positives sein kann und ein Team mitreissen können.
Interview: Lilly Toriola, Kommunikationsverantwortliche Wirtschaftsschule Thun
Daniel Gobeli
Daniel Gobeli ist Rektor der Wirtschaftsschule Thun und Dozent für Strategisches Management an der Universität Bern sowie der Berner Fachhochschule.
Wirtschaftsschule Thun
Die Wirtschaftsschule Thun (WST) ist die grösste kaufmännische Berufsfachschule im Berner Oberland und bildet pro Jahr rund 1100 Lernende im Bereich kaufmännische und Detailhandelsberufe sowie Berufsmaturand:innen aus. Als spezialisierter Anbieter für Weiterbildungen im Bereich Wirtschaft hat die WST mehr als 20 Lehrgänge und über 50 Kurse im Angebot. Per 1.1.2022 bündelt die Wirtschaftsschule Thun im Bereich Weiterbildung ihre Kräfte mit der Partnerschule WKS KV Bildung in Bern. Die Wirtschaftsschule Thun und die WKS KV Bildung Bern sind bereits seit fünf Jahren enge Partner im Bereich Weiterbildung. In den vergangenen Jahren hat sich die Zusammenarbeit stetig intensiviert, mittlerweile werden fünf Lehrgänge gemeinsam angeboten. Mit dem Zusammenschluss der Weiterbildungsabteilungen per Januar 2022 wird ein gemeinsames organisatorisches Dach geschaffen, das die konsequente Nutzung von Synergien und Optimierung von Ressourcen ermöglicht. Die WKS KV Bildung Bern und die WST werden weiterhin unter den bestehenden, eigenen Marken auftreten.
Weitere Infos zur Wirtschaftsschule Thun finden Sie unter www.wst.ch.